Das bedingungslose Grundeinkommen - ist es machbar?
Und was bringt es? Welche Veränderungen können dadurch eintreffen?
Das versucht nun eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Zusammenarbeit mit "Mein Grundeinkommen", dem Max Planck Institut, der Universität Köln, und einer Zivilgesellschaft aus über 145'000 unabhängigen Spendern, herauszufinden.
Für die Studie kann sich fast jeder Bewerben. Die Grundvoraussetzungen sind der Besitz der Volljährigkeit (also 18 Jahre plus) und des Erstwohnsitzes in Deutschland, sowie, dass bisher noch kein Grundeinkommen gewonnen wurde.
Heute morgen gegen 07:15 hatten sich schon über 1'000'000 Menschen beworben:
Das sind über 1,2% der 83 Millionen deutschen Einwohner.
Und bereits jetzt mehr, als die Studie an Mindestzahl an Bewerber für einen guten Pool zur Auswahl an 1500 Untersuchungsobjekten, wovon 120 das Geld bekommen sollen, und die anderen als Kontrollgruppe dient.
Die Bewerbung ist aber auch weiterhin möglich unter
Persönlich begrüße ich das bedingungslose Grundeinkommen (auch BGE) sehr.
Es gibt nicht genügend Arbeitsplätze für alle. Erst recht nicht genügend vernünftige (in dem Zusammenhang siehe auch Bullshit Jobs). Durch Digitalisierung, Automatisierung, Robotisierung und Auslagerung werden es auch immer weniger.
Und dann ist da die Frage der Wertschöpfung.
Natürlich sind Kulturgüter außerordentlich wichtig. Aber ist es gut, dass ein Glücksgriff, ein Musikstück dir Millionen einbringt und du danach nicht mehr arbeiten brauchst? Ebenso geht es anderen digitalen Gütern, Anwendungen, Programmen, Apps, Diensten, Filmen, Serien, … Digital bringt die Reproduktionskosten auf 0,00. Ja, es braucht noch eine gewisse Infrastruktur, Server, etc. Aber diese Kosten nicht oder nur sehr gering mit steigender Nachfrage. Entsprechend kann auch hier aktuell mit etwas Glück, Können, oder Hinterlist, schnelles Geld gemacht werden. Im Gegensatz dazu kann Tisch, Stuhl, Schrank, Kleidung noch nicht so einfach kopiert werden. 3D-Drucker (und irgendwann auch Replikatoren) werden die Kosten in Zukunft senken und wieder Arbeitsplätze einsparen können.
Und dann sind da Manager, die, egal was sie machen, Geld "verdienen", und am Ende auch noch eine Abfindung bekommen - egal, ob sie Erfolg oder Verlust und Zerstörung angerichtet haben. Hieß es nicht mal, dass sie deswegen so viel Geld bekommen, weil sie so viel Verantwortung haben und dafür gerade stehen müssen? Irgendwie merke ich nichts davon…
Währenddessen putzen andere Toiletten, räumen Müll weg, erziehen Kinder, pflegen Alte und Kranke, kümmern sich um die örtlichen Parks und Pflanzen, halten Strom, Wasser, Gas, Telefon und Internet am Laufen, bauen Möbel, Kleidung, Gegenstände - Tag für Tag. Dinge, die sehr viele Menschen täglich betrifft, und leider viele für selbstverständlich halten.
Hier noch ein paar Zahlen der Arbeitsagentur zum Juli 2020:
- 2'910'000 Arbeitslose - 3,5% der Deutschen
- 3'661'000 Unterbeschäftigte - 4,4% der Deutschen
Dazu kommen dann noch diverse Personen, die schöngerechnet aus der Statistik fallen .
- etwa 44,7 Millionen Menschen in Arbeit - ca. 53,9% der Deutschen
- 628'906 freie Arbeitsplätze
- 25,7 Millionen Rentner in 2018
- ca. 13,5 Millionen Minderjährige in 2019
Daraus, würde ich sagen, lässt sich schlussfolgern:
- Für die Hälfte der Deutschen ist mit Rente und Kindergeld gesorgt. Kindergeld kommt direkt vom Staat. Die Rente wurde über die Jahre selber über Lohn- und Gehaltsabgaben eingezahlt. Durchaus muss der Staat aber auch Zuschüsse geben. Das Einzahlen der Rente in ein BGE-Topf, und des Kindergeldes in jenen Topf würde also schon mal die Hälfte des BGE-Bedarf decken.
- Es gibt mehr Un- und Unterbeschäftigte als freie Arbeitsplätze.
- Bezogen auf potentielle Arbeitskräfte (44,7 + 2,9), sind 6,1% davon Arbeitslos.
- Beschäftigte erhalten Lohn oder Gehalt. Aktuell gehen davon bereits diverse Teile zu diversen Prozenten in diverse Töpfe. Hier könnte man entsprechend auch einen BGE-Anteil abziehen. Was im Endeffekt dazu führt, dass man zwar weniger vom Arbeitgeber bekommt, dafür aber das BGE vom Staat, welches der Arbeitgeber vorher dem Staat gegeben hat. Dreht man die Sicht um, hieße das: Man bekommt vom Staat das BGE und für das, was du arbeitest, bekommst du eine zusätzliche Belohnung. Wer also vorher 2000€ vom Arbeitgeber bekommen hat, bekommt nun von ihm 1000€, und 1000€, und ist somit wieder auf seinen 2000€. Prozentual mit Grenzen(?) sollte das doch machbar sein, oder? Bei 50% BGE würde ein 1000€ Job 500€ in den BGE Topf werfen, und 500€ Plus an den Arbeitenden, welcher dann am Ende 1500€ hätte, anstelle der 1000€ vorher. Der freut sich. Andererseits bekommt der die 1000€ ja auch so, und hätte damit ohne Arbeit genauso viel, wie vorher. Warum dann also arbeiten? Eben weil die 500€ mehr schon deutlich mehr für ihn wären, wenn er sich etwas leisten will. Was ist aber mit den Gutverdienern? Von 10'000€ 50% weg und 1000€ drauf; das sind dann nur noch 6000€. Kein Wunder, warum diese dies auf keinen Fall befürworten werden… 100'000€ werden zu 51'000€. Wie viel Geld bekommt gleich noch mal ein Politiker? ;-) Plus was er sonst noch so hier und da nebenher Verdient? ;-) *hust* *hust*
- Alternativ oder zusätzlich sind da natürlich Steuern auf diverse Dinge, wie Maschinen, Roboter, Replikatoren, digitale Vervielfältigung, Transaktionen, …
- Richtig angelegt sollte die Mittelschicht nicht betroffen sein. Sie werden in etwa gleiches Geld haben. Die Unterschicht wird mehr haben, und nicht mehr überall unterdrückt und schikaniert und zu Dingen gezwungen werden. Nur die Oberschicht wird ihrem vielen schönen Geld nachweinen…
Werden Menschen weniger arbeiten? Ja. Aber wie die Zahlen zeigen, arbeiten schon jetzt nicht alle. Und es sind auch nicht so viele Arbeitsplätze vorhanden. Und natürlich gibt es Arbeit, die keiner machen will. Dann muss eben stärker geschaut werden, wie man diese weg automatisieren kann.
Und es wird immer noch genügend Anreize geben, die Menschen zum Kaufenwollen animieren. Ein neuer TV, ein neues Smartphone. Eine Reise. Eine andere Wohnung. Kühlschrank. Staubsauger. Computer. Schuhe. Kleider. Schmuck. Kostüme. Möbel. Auto. Motorrad. Fahrrad. … Die Herde läuft doch ständig irgendwas oder irgendwem hinterher und braucht Statussymbole. Der Konsum wird die Menschen weiter antreiben. Dazu kommt auch noch Spaß und Unterhaltung, Kino, Theater, Club, Konzert, Festival, Casino, und dergleichen.
Was sind sonst noch Gefahren des BGE?
Inflation. Wo mehr Nachfrage ist, kann der Preis steigen. Andererseits wird schon jetzt so viel mehr produziert, als genutzt. Geplante Obsoleszenz. Entsprechend kann es dann auch sein, dass einfach nur noch mehr Produkte da sein werden, weil noch mehr potentielle Kunden da sind, und natürlich jeder etwas verkaufen will. Bzw. die vorhandenen günstiger werden, damit man gegen die Konkurrenz gewinnt. Also sieht das sehr ähnlich aus, wie aktuell auch, und demnach nach keiner Änderung.
Preise für manches werden steigen, weil dort die Lohnkosten steigen, weil Menschen nicht mehr gezwungen würden dort zu arbeiten. Und freiwillig nur gegen entsprechende Entlohnung. Andererseits gibt es auch wieder Menschen, die schnell und einfach Geld machen wollen, die solche Jobs wieder machen würden. Richtig angesetzt, sollte sich hier also auch wenig ändern.
Eine sinkende Anzahl an Arbeitsplätzen ist natürlich ein Problem. Der Arbeitgeber kann sich aussuchen, wen er nimmt. Wem das Angebot nicht passt, kann es ja woanders versuchen, falls er denn etwas findet. Wenn man also wirklich etwas Geld braucht, kann der Arbeitgeber hier ein wenig Druck ausüben. Aktuell ist das ja gleich. Besser ist dann natürlich, dass man seine Lebensgrundlage trotzdem behält, mit oder ohne Job.
Zu alldem gibt es aber sehr viel von vielen Menschen bereits zu lesen, wie auf Wikipedia ein wenig zusammengefasst zu sehen ist.
Daraus ein paar Worte kommentiert:
"Arbeit sei mehr als Einkommen, bedeute Lebensgestaltung und Selbstbestimmung durch Arbeit" - In meinen Augen ist das falsch. Natürlich kann man theoretisch jede Arbeit machen, die man mag. Praktisch ist dies aber nicht möglich. Diverse Schranken lassen es nicht zu. Manchmal ist es eine fehlende Ausbildung oder ein Studium, ein anderes mal passt jemand des anderen Nase nicht. Somit wird es wohl eher so sein, dass viele die Arbeit nehmen, die sie bekommen können, und dann ihr Leben sich darum aufbaut, anstelle sich ein Leben aufzubauen und dahingehend einer passenden Arbeit nachzugehen. Die Arbeitsagentur hat da auch genügend Wege, Menschen zu leiten. Und eine "Deutschlandweite Suche" ist da nur eins davon.
"Man müsse darauf achten, dass „das Normalarbeitsverhältnis, dass jemand von seiner Arbeit lebt und auch da etwas schafft, etwas Sinnvolles tut für die Gemeinschaft, in der Gemeinschaft." - Wie bereits oben erwähnt, gibt es viele Jobs, die nicht sinnvoll sind. Weder in sich selbst, noch für einen selbst, noch für die Gemeinschaft. Und auch nicht jeder kann von seiner eigenen Arbeit leben. Einfach weil nicht genügend Arbeit vorhanden ist. Etwas Sinnvolles tun, hat nicht unbedingt etwas mit Arbeit zu tun, und muss auch nicht unbedingt mit Geld oder anderen materiellen Gütern entlohnt werden. In der digitalen Welt sieht man einiges soziales und gemeinschaftliches, gerade in Richtung Open Source und Creative Commons, was erschaffen und frei zur Verfügung gestellt wird. Und auch in der analogen Welt gibt es genügend Menschen, die ihre Fähigkeiten gerne kostenlos heraus geben, weil andere Personen sich darüber freuen, und dies Lohn genug ist. Manchmal ist es auch einfach nur, um nicht alleine zu sein, Anerkennung zu bekommen, Wert geschätzt zu werden. Hier ebenso wieder Kunst, Kultur, das soziale Miteinander.
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